
Biografie
Vom Michel bis zum Eiffelturm und zurück
Die in Hamburg geborene Choreographin Catharina Lühr studierte zunächst in Hamburg Musik und Bewegungserziehung, wonach sie nach Paris übersiedelte, um sich ihren Lebenstraum zu erfüllen und Tänzerin zu werden. Nach ihrer Ausbildung am Centre International de la Danse de Paris zur Tänzerin (zeitgenössisch, Tanztheater) und Choreographin war sie mehrere Jahre in verschiedenen Compagnien in Frankreich tätig.
In den neunziger Jahren zog es sie nach Hamburg zurück, um sich mehr der choreographischen Arbeit zu widmen. Nach ihren Debüts als Choregraphin im Thalia Theater bei „Was Ihr wollt“ und in der Oper HET Muziektheater bei „Le Nozze di Figaro“ entdeckte sie immer mehr ihre Leidenschaft für die Arbeit mit Schaupieler:innen und Sänger:innen. Seitdem choreographierte sie an vielen großen Häusern Europas (u.A. Salzburger Festspiele, Wiener Festwochen, Zürcher Opernhaus, Covent Garden, Mailänder Scala, Staatsoper Berlin, Staatsoper Hamburg …).
Häufig war sie in den Inszenierungen von Jürgen Flimm in Zusammenarbeit mit Nikolaus Harnoncourt choreographisch tätig, aber auch für Andrea Breth, Christoph Marthaler, Feridun Zaimoglu u.v.m. hat sie Bewegungsszenen entworfen. Dabei arbeitete sie neben Nikolaus Harnoncourt unter Dirigent:innen wie Daniel Barenboim, Ricardo Muti, Gustavo Dudamel u. v. A..
In ihrer jahrelangen Zusammenarbeit mit Sänger:innen und Schauspieler:innen hat sie eine eigene Bewegungsmethode entwickelt, die sowohl Gesang als auch Bühnenpräsenz optimiert.
Neben ihrer choreografischen Tätigkeit war Catharina Lühr über 14 Jahre lang an der HfMuT beschäftigt. Zusätzlich wird sie seit vielen Jahren zum Young Singers Projekt in Salzburg eingeladen. Daneben gibt sie Workshops für Sänger:innen und Chöre (u.A. für den Salzburger Bachchor). Im Jahr 2022 wurde sie von der Stadt Hamburg mit dem Lehrpreis ausgezeichnet.
Interview
Redaktion: Catharina, wie könnte man mit einem kurzen Satz Deine Tätigkeit beschreiben?
CL: Mein Beruf: Ich bewege Menschen.
Redaktion: Was gefällt Dir am besten an Deiner Arbeit?
CL: Meine Lieblingsaufgabe ist es, das Potenzial aller Bühnenakteure durch Bewegung auszuschöpfen, sie bestmöglich darzustellen und prägnante Facetten zum Vorschein zu bringen. Dabei entsteht immer eine Wechselwirkung von Haltung, Position und ihrer Auswirkung sowohl auf den Raum als auch auf das Innere.
Redaktion: Und wie schaffen die Sänger:innen und Schauspieler:innen es bis dahin?
CL: Schon ein Bild im Kopf eines Sängers/einer Sängerin wirkt sich erheblich auf die Präsenz aus – in vielen Fällen bekommt die Darstellung bereits durch minimale Bewegungen den entscheidenden Dreh. Immer neues Feedback durch Darsteller als auch Publikum unterstützen meine Methodik.
Redaktion: Wo kann man den größten Vorher-/Nachher-Effekt Deiner Arbeit erleben?
CL: Oft erlebe ich, dass Chöre nur als statisches Element eingesetzt werden. Dabei tragen sie unglaublich viel zur Handlung bei – es ist viel zu schade, sie nur als „lebendes Bühnenbild“ da stehen zu lassen! Chöre sind wichtig für die Handlung – dies sollte sich auch im Bühnengeschehen widerspiegeln.
Redaktion: Was unterscheidet Dich von anderen Choreograf:innen?
CL: Ich arbeite sowohl mit professionellen Tänzer:innen als auch mit Menschen ohne tänzerische Vorerfahrung, um gemeinsam etwas Einzigartiges auf die Bühne zu bringen, das nicht nur einen Teil ihres Inneren widerspiegelt, sondern auch ihre Persönlichkeit und ihren individuellen Ausdruck in das Gesamtkunstwerk integriert. Meine Choreografie bildet dabei einen essenziellen Teil der Inszenierung des Theaterstücks oder der Oper und trägt maßgeblich zur dramaturgischen Gestaltung und emotionalen Wirkung bei.
Mein Repertoire reicht von barockem Tanz und Ballett über Tango und Walzer bis hin zu ausdrucksstarken Inszenierungen von Liebes- und Kampfszenen – immer abgestimmt auf die Vision der Produktion.
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(Das Interview wurde im Januar 2025 geführt von StilPlan/Anette Herrmann)